Polyneuropathie

Mit Polyneuropathie werden verschiedene Krankheiten bezeichnet, bei denen mehrere Nerven des peripheren Nervensystems geschädigt sind. Andere Bezeichnungen für Polyneuropathie sind Periphere Neuropathie oder Periphere Polyneuropathie. Bei dieser Erkrankung können unterschiedliche Symptome auftreten, die von den jeweils geschädigten Nerven abhängen. Wir erklären die Ursachen, die Anzeichen, den Krankheitsverlauf und die Behandlung.

Was ist Polyneuropathie?

Bei Polyneuropathie handelt es sich um eine Krankheit des peripheren Nervensystems. Die peripheren Nerven befinden sich außerhalb des zentralen Nervensystems und somit außerhalb von Rückenmark und Gehirn. Sie liegen zum Beispiel in den Nervenwurzeln an der Seite der Wirbelsäule, aber auch in der Haut und in den Muskeln. Zum peripheren Nervensystem gehören auch motorische und sensorische Nerven und ebenfalls Nerven, die bei den Funktionen der inneren Organe eine Rolle spielen. Bei der Polyneuropathie sind Nervenfasern zerstört oder geschädigt, wodurch es zur Störung der Reizweiterleitung kommt.

Alle Nervenzellen bestehen aus einem Axon (Nervenfortsatz) und einem Zellkörper, wobei das Axon eine Länge von einem Meter erreichen kann. Diese Nervenfortsätze werden durch eine isolierende Myelinschicht geschützt. Myelin schützt aber nicht nur das Axon, sondern sorgt auch dafür, dass die elektrischen Nervensignale schnell weitergeleitet werden. Wird diese Schicht geschädigt, zerfällt sie langsam. Bei einer Schädigung der Myelinschicht wird von einer demyelinisierenden Polyneuropathie gesprochen. Ist der Nervenfortsatz selbst von der Schädigung betroffen, ist von einer axonalen Polyneuropathie die Rede. Es kommt ebenfalls vor, dass sowohl Axone als auch Meylinschichten geschädigt sind.

Symptome

Die die Nerven in Armen und Beinen besonders lang sind, treten hier meistens die ersten Symptome auf. Zu Beginn einer Polyneuropathie spüren Betroffene ein Brennen oder Kribbeln in den Armen und/ oder in den Beinen. Auch die Weiterleitung der Sinnesreize kann gestört sein, sodass diese Reize stärker, schwächer oder gar nicht ans Gehirn gemeldet werden. Dadurch werden später Schmerzen und Berührungen vermindert wahrgenommen und es kommt zur falschen Empfindung von Kälte oder Wärme. Je nach geschädigter Nerven wird zwischen autonomen, sensiblen und motorischen Störungen unterschieden.

Eine andere Unterscheidung der Symptome richtet sich nach der Verteilung der Beschwerden:

  • Symmetrische Polyneuropathie: Die Symptome betreffen beide Arme oder beide Füße.
  • Asymmetrische Polyneuropathie: Die Nerven sind nicht an beiden Körperseiten, sondern nur einseitig geschädigt.
  • Distale Polyneuropathie: Die geschädigten Nerven liegen vom Rumpf entfernt. Es sind zum Beispiel Hände oder Füße betroffen.
  • Proximale Polyneuropathie: Die Erkrankung betrifft Körperteile, die sich nah am Rumpf befinden. Diese Form ist allerdings seltener.

Symptome bei Schädigung der sensiblen Nerven

In den meisten Fällen leiden Betroffene von Polyneuropathie unter sensiblen Störungen. Sogenannte sensible Nerven führen von der Haut zum Gehirn. Sie melden dem Gehirn Schmerzreize, Temperaturreize, Berührungen, Druck und ähnliche Informationen. Sind diese Nerven geschädigt, führt dies zu Kribbeln, Missempfindungen, Brennen oder Stechen. Oft sind die Arme und Beine betroffen und häufig werden diese Beschwerden an den Zehen als erstes gespürt.

Auch Taubheitsgefühle in den Beinen können auftreten, wodurch die Betroffenen Probleme mit der Koordination beim Gehen haben. Bei einer Störung des Temperaturempfindens wird das Verletzungsrisiko größer, denn die Patienten spüren zum Beispiel nicht mehr, ob das Badewasser zu heiß ist. Andere möglichen Symptome bei der sensiblen Polyneuropathie sind Pelzigkeitsgefühl, Schwellungsgefühl, das Gefühl wie auf Watte zu gehen oder ein unangenehmes Druckgefühl.

Symptome bei Schädigung der autonomen Nerven

Die autonomen Nerven werden auch als vegetative Nerven bezeichnet und sind für die Steuerung der Funktionen der inneren Organe zuständig. Das heißt, sie steuern zum Beispiel die Blase, die Geschlechtsorgane, den Darm, die Lunge und das Herz. Diese Nerven können nicht willentlich gesteuert werden. Bei einer Schädigung dieser autonomen Nerven können die Symptome sehr ernst oder auch lebensbedrohlich werden. So kann es zum Atemstillstand führen, wenn die Nerven geschädigt sind, die die Lungenfunktion steuern oder es treten womöglich Herzrhythmusstörungen auf, wenn die Nerven des Herzmuskels betroffen sind. Bei einer Schädigung der Darmnerven gehören Verstopfung oder Durchfall zu den Symptomen. Sind die Nerven betroffen, die für die Blasenfunktion zuständig sind, treten Störungen bei der Blasenentleerung auf.

Weitere mögliche Symptome der autonomen Polyneuropathie sind Ödeme, Pupillenstörungen, vermindertes Schwitzen, Geschwüre, Gastroparese (Magenlähmung), Herzrasen während Ruhephasen, Impotenz oder Schwindelgefühle und Ohnmacht beim Aufstehen.

Symptome bei Schädigung der motorischen Nerven

Die motorischen Nerven haben die Aufgabe, Befehle vom Gehirn zu der Skelettmuskulatur zu leiten. Ohne diese Befehlsweiterleitung können sich beispielsweise die Muskeln nicht zusammenziehen. Bei einer Schädigung dieser Nerven verlieren die Muskeln an Kraft und es kommt zu Muskelkrämpfen oder Muskellähmungen. In schweren Fällen ist es möglich, dass eine motorische Polyneuropathie zu Muskelatrophie (Muskelschwund) führt, weil die Aktivierung vom Gewebe durch die Nerven nur noch unzureichend oder nicht mehr stattfindet. Dadurch können die Muskeln schrumpfen und letztlich schwinden.

Polyneuropathie: Neuropathie Folgeschäden bei Diabetes

Diabetische Polyneuropathie

Ist die Polyneuropathie eine Folge von Diabetes mellitus, tritt meistens zuerst eine Schädigung der sensiblen Nerven auf und es kommt zu einer schleichenden Entwicklung der Symptome. Zunächst spüren die Betroffenen in der Regel Kribbeln oder Taubheitsgefühle in den Beinen oder ein Brennen in den Füßen. Diese Beschwerden treten vor allem in der Nacht oder in Ruhephasen auf. Einige Betroffene können es nicht mehr ertragen, wenn sie mit der Bettdecke in Berührung kommen oder ihnen ist die Bettdecke zu schwer.

Häufig lässt das Schmerzempfinden nach, sodass kleinere Verletzungen gar nicht bemerkt werden. Somit kann es zu schlecht heilenden Wunden kommen, da viele Diabetiker an Durchblutungsstörungen leiden. Ebenso können Nekrosen entstehen. Bei Diabetikern tritt Polyneuropathie in der Regel an beiden Beinen oder Füßen auf, wobei sich die Erkrankung im weiteren Verlauf auf die autonomen Nerven ausweiten kann. In dem Fall treten Beschwerden wie Durchfall, Verstopfung, Erbrechen, Schluckstörungen, Impotenz oder Harninkontinenz auf.

Alkoholische Polyneuropathie

Die alkoholische Polyneuropathie hat in der Regel einen langsam voranschreitenden Krankheitsverlauf, wobei die meisten Betroffenen eine symmetrische Polyneuropathie an den Beinen haben. So kommt es zu Beschwerden wie Missempfindungen, Schmerzen, Sensibilitätsstörungen und mitunter zu Muskelschwund und schwerer Muskelerschlaffung. Beim schweren Verlauf können sich Störungen im Augenbereich entwickeln. Es gibt aber bei dieser Erkrankungsform auch Fälle, bei denen gar keine Symptome auftreten.

Ursachen

Bei rund zwanzig Prozent der Betroffenen kann die genaue Ursache nicht gefunden werden. In den meisten Fällen ist Polyneuropathie die Folge von anderen Krankheiten oder sie ist ein Anzeichen einer anderen Erkrankung. Häufig wird Polyneuropathie durch eine fortgeschrittene Zuckerkrankheit ausgelöst oder sie ist die Folge von chronischem Alkoholmissbrauch. Es sind jedoch über 200 unterschiedliche Ursachen für diese Erkrankung bekannt.

Diabetes ist die häufigste Ursache von Polyneuropathie, die Diabetes Typ 1 und Typ 2 auftreten kann. Es wird vermutet, dass jeder zweite Zuckerkranke eine Polyneuropathie entwickelt. Dabei erkranken die Diabetiker früher, deren Blutzuckerwerte nicht optimal eingestellt sind. Bei ihnen ist der Verlauf oft auch sehr schwer.

Man weiß noch nicht genau, warum es durch den zu hohen Blutzuckerspiegel zur Nervenschädigung kommt. Es ist möglich, dass sich aufgrund der Menge an Blutzucker Zuckermoleküle mit Proteinen reaktiv verbinden und die Nervenzellen angreifen. Da der viele Blutzucker aber auch die kleinen Blutgefäße schädigt, könnte auch dies der Grund dafür sein, dass die Versorgung der Nerven mit Nährstoffen und Sauerstoff nicht mehr ausreicht. Dann können die Nerven nicht mehr ihre Funktion erfüllen und sterben mitunter ab.

Der Verlauf der Polyneuropathie ist bei Diabetikern in der Regel ein schleichender Prozess. Dabei sind sowohl der Verlauf der Nervenschädigung als auch die Schwere und die Art der Beschwerden von Patient zu Patient unterschiedlich.

Die zweithäufigste Ursache der Polyneuropathie ist chronischer Alkoholkonsum. Auch hier ist noch nicht genau geklärt, welche Mechanismen die Schädigung der Nerven in Gang setzen. Wahrscheinlich werden die Nerven direkt durch den Alkohol angegriffen. Zudem ernähren sich die meisten Alkoholiker nicht ausgewogen und gesund, sodass es zu einer Mangelernährung kommt. Dadurch tritt unter anderem ein Vitamin-B12-Mangel auf. Fehlt dieses Vitamin, kann eine Polyneuropathie ausgelöst werden.

Andere möglichen Ursachen für eine Polyneuropathie:

  • Vitamin-B12-Mangel
  • Leberkrankheiten
  • Nierenkrankheiten
  • Unterfunktion der Schilddrüse
  • Überfunktion der Schilddrüse
  • Infektionskrankheiten wie Diphterie, Herpes-simplex-Infektion, Gürtelrose, Pfeiffersches Drüsenfieber, HIV, Lympe-Borreliose und andere
  • Gicht
  • Guillain-Barré-Syndrom
  • Blei, Arsen und andere Gifte
  • Krebs – das erste Anzeichen einer Krebserkrankung kann Polyneuropathie sein
  • Medikamente, vor allem Medikamente für die Krebsbehandlung

Eher selten ist die Polyneuropathie genetisch bedingt. Es gibt einige angeborene Krankheiten, deren Begleiterkrankung Polyneuropathie sein kann. Eine davon ist die hereditäre motorisch-sensible Neuropathie, die mit HMSN abgekürzt wird.

Diagnose

Zunächst erfolgt eine Anamnese. Bei diesem Arztgespräch soll der Patient möglichst genau seine Beschwerden schildern. In die Anamnese werden auch bestehende Grunderkrankungen sowie Vorerkrankungen einbezogen. Ebenso wichtig für den Arzt ist es zu wissen, ob der Patient regelmäßig Medikamente nehmen muss und ob er am Arbeitsplatz mit Giftstoffen zu tun hat. Bei einer toxischen Neuropathie liegen die Ursachen in Medikamenten, Giften oder Alkohol. Damit eine Polyneuropathie abgeklärt werden kann, müssen Fragen zum Konsum von Alkohol und Drogen ehrlich beantwortet werden.

Nach diesem Gespräch wird eine körperliche Untersuchung durchgeführt, wobei unter anderem die Reflexe getestet werden und kontrolliert wird, wie die Reaktion der Pupillen auf Licht ist. Des Weiteren wird der Körper auf mögliche Deformitäten untersucht, denn Hohlfüße oder Krallenzehen sind mögliche Zeichen für eine genetisch bedingte Polyneuropathie.

Neben dieser körperlichen Untersuchung können weitere Untersuchungen folgen, beispielsweise:

  • Elektromyografie – Prüfung der elektrischen Muskelaktivität. Diese Untersuchung wird bei Patienten mit Muskellähmung, Muskelschwäche oder anderen motorischen Störungen vorgenommen. Dabei kann festgestellt werden, ob die Störung durch die versorgenden Nerven oder durch den Muskel selbst verursacht wird. Liegt eine Störung der Nervenfunktion vor, kann dies ein Anzeichen einer Polyneuropathie sein.
  • Elektroneurografie – Messung der Nervenleitgeschwindigkeit. Ist die Nervenleitgeschwindigkeit vermindert, kann dies auf Polyneuropathie hinweisen.
  • Elektrokardiografie – Durch ein EKG kann erkannt werden, ob eine Schädigung der autonomen Nervenfasern vom Herz vorliegt.
  • Quantitative sensorische Untersuchung – zur Prüfung der Reaktion eines Nervs auf Temperatur, Druck oder andere Reize. Mit dieser Methode kann gut nachgewiesen werden, ob eine Nervenschädigung vorliegt. Allerdings gehört sie nicht zur routinemäßigen Abklärung, weil die Methode zeitaufwendig ist und der Patient konzentriert mitarbeiten muss.
  • Sonografie der Harnblase – zur Abklärung einer möglichen Störung der Blasenentleerung.
  • Hautbiopsie – Bei dieser Methode stanzt man ein kleines Hautstück aus, das meistens vom Unterschenkel entnommen wird. Eine Biopsie der Haut wird nur in bestimmten Fällen vorgenommen.
  • Nervenbiopsie – Die Entnahme einer Nervengewebeprobe wird nur bei bestimmten Patienten durchgeführt, beispielsweise bei Diabetikern mit einer asymmetrischen diabetischen Polyneuropathie.
  • Genetische Untersuchungen werden durchgeführt, wenn es in der Familie bereits Betroffene von Polyneuropathie gibt.
  • Blutuntersuchungen werden besonders zur Erkennung von behandelbaren und häufigen Ursachen veranlasst. Zudem können manche Laborwerte einen Verdacht aufdecken.

Behandlung und Therapie

Für eine effektive Behandlung ist es wichtig, die Ursache der Polyneuropathie zu therapieren oder – falls möglich – zu beseitigen. Diabetiker müssen ihren Blutzucker straff einstellen und für Alkoholiker ist ein Entzug unabdingbar. Besteht ein Vitamin-B12-Mangel, muss sich der Betroffene gesund und ausgewogen ernähren und für einen Ausgleich des Mangels sorgen, indem er ein entsprechendes Vitaminpräparat einnimmt. Liegt die Ursache für Polyneuropathie in Medikamenten oder Giftstoffen, sollte der Patient diese meiden.

Diese Behandlungen werden als ursächliche oder kausale Therapien bezeichnet. Eine Ergänzung kann eine symptomatische Therapie sein, mit denen die Symptome einer Polyneuropathie behandelt werden. Zu diesen Maßnahmen gehört unter anderem eine Schmerztherapie für Patienten mit brennenden Schmerzen. Diese Symptome werden häufig mit Paracetamol, Acetylsalicylsäure oder anderen Schmerzmitteln behandelt. Liegen sehr starke Nervenschmerzen vor, kann der Arzt starke Schmerzmittel wie Opioide verordnen. Da diese starken Medikamente abhängig machen können ist es bei hartnäckigen Schmerzen zu empfehlen, eine Behandlung beim Schmerztherapeuten vorzunehmen.

Weiterhin können Antiepileptika zum Einsatz kommen, um die Erregbarkeit der Nervenzellen zu senken. Bei der Behandlung mit diesen Krampflösern müssen regelmäßige Blutuntersuchungen durchgeführt werden, da es durch die Medikamente zu Veränderungen verschiedener Blutwerte kommen kann. Eine andere Möglichkeit der Schmerztherapie ist die mit Antidepressiva, wodurch die Weiterleitung der Schmerzsignale im Rückenmark gehemmt wird.

Auch eine transkutane elektrische Nervenstimulation kann schmerzlindernd wirken. Dieses Verfahren ist unter der Abkürzung TENS  oder als Reizstromtherapie bekannt. Obwohl die Wirkung dieser Behandlungsmaßnahme noch nicht wissenschaftlich nachgewiesen wurde, ist sie für einige Patienten mit Polyneuropathie sehr hilfreich.

Andere Behandlungsmaßnahmen:

  • Wechselbäder, Krankengymnastik oder andere physikalische Behandlungen bei einer sensiblen oder motorischen Polyneuropathie
  • Magnesiumeinnahme zur Linderung häufiger Wadenkrämpfe
  • Orthopädische Hilfsmittel bei Patienten mit starken Problemen beim Gehen
  • Umstellung der Ernährung bei Beschwerden die Erbrechen, Völlegefühl, Übelkeit oder Verstopfung

Krankheitsverlauf

Hat man den Verdacht, dass es sich bei auftretenden Beschwerden um Symptome von Polyneuropathie handeln könnte, sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden. Der Krankheitsverlauf kann positiv beeinflusst werden, wenn die Erkrankung rechtzeitig erkannt wird und deren Ursachen frühzeitig beseitigt werden können. Die Beseitigung des Auslösers ist aber nicht in allen Fällen möglich.

Meistens verläuft Polyneuropathie schleichend. Bei Diabetes oder Alkohol als Ursachen sind die Füße meistens zuerst betroffen und die Symptome breiten sich aufsteigend weiter aus. In der Regel leiden Betroffene von Polyneuropathie am Anfang unter Missempfindungen. Später können andere Beschwerden wie Muskelschwäche, Lähmungen, Störungen bei der Blasenentleerung, Erektionsschwäche und andere Symptome auftreten.

Ist Polyneuropathie heilbar?

Ob Polyneuropathie heilbar sein kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich ist die teilweise Regeneration von Nervenzellen möglich. Wird die Erkrankung schnell erkannt und kann die Ursache beseitigt werden, stehen die Chance für eine Heilung gut. Dabei kommt es aber auch auf die Form der Polyneuroapathie an. Zudem bleibt die Krankheit häufig zunächst symptomlos oder die Beschwerden sind so schwach, dass Betroffene nicht zum Arzt gehen.

Unbehandelt schreitet Polyneuropathie schleichend und stetig voran, sodass beim ersten Arztbesuch die Beschwerden oftmals schon über einen längeren Zeitraum bestehen. Bei starker Beschädigung der Nerven und bei fortgeschrittener Erkrankung ist Polyneuropathie nicht heilbar. In dem Fall geht es bei der Therapie darum, weitere Schäden zu verhindern und die bestehenden Symptome zu lindern. Bei einer diabetischen Polyneuropathie bestehen so gut wie keine Heilungschancen, weil die Nerven meistens irreversible geschädigt sind. Damit die Beschwerden nicht weiter fortschreiten, ist eine passende Behandlung wichtig.

Lebenserwartung

Betroffene fragen sich: „Wie lange kann man mit Polyneuropathie leben?“. Die Lebenserwartung ist durch diese Erkrankung nicht eingeschränkt. Eine Ausnahme bildet das Guillain-Barré-Syndrom, wobei es sich um eine Polyneuropathieform handelt, die mit einem sehr schnellen Verlauf verbunden ist und durch Atemwegsinfekte oder Magen-Darm-Infekte ausgelöst werden kann.

Die Erkrankung beginnt in den Füßen und steigt innerhalb von zwei bis vier Wochen weiter auf. Da auch die Nerven des Herzens geschädigt werden können, ist eine Überwachung im Krankenhaus notwendig. Für etwa fünf Prozent der Betroffenen vom Guillain-Barré-Syndrom endet die Erkrankung tödlich, aber beim überwiegenden Teil der Patienten können sich die Symptome wieder zurückentwickeln.

Ernährung

Polyneuropathie wird oftmals ganzheitlich behandelt, sodass ein Teil der Therapie aus einer gesunden Ernährung besteht. Besonders für Diabetiker ist eine Ernährungsumstellung sehr wichtig, damit die Symptome der Polyneuropathie reduzierbar sind.

  • Bei der diabetischen Polyneuropathie sollte rund die Hälfte des Energiebedarfs mit Kohlehydraten gedeckt sein, wobei auf Lebensmittel mit einem niedrigen glykämischen Index geachtet werden muss. Dieser Index zeigt an, wie schnell und wie stark der Blutzuckerspiegel durch dieses Nahrungsmittel ansteigt. Generell weisen Ballaststoffe einen niedrigen glykämischen Index auf, sodass für die Behandlung der diabetischen Polyneuropathie eine ballaststoffreiche Ernährung wichtig ist.
  • Nicht nur bei Diabetes, sondern auch bei Polyneuropathie sind pflanzliche Fette gesünder als tierische Fette. Sonnenblumenöl, Olivenöl und Rapsöl wirken sich auf den Blutzuckerspiegel positiv aus.
  • Periphere Nervendegenerationen werden oft unter anderem mit Alpha-Liponsäure behandelt, die sich in Form von schwefelhaltiger Fettsäure in allen Körperzellen befindet. Aber auch in Tomaten, Brokkoli und Spinat ist diese gesunde Fettsäure enthalten.
  • Omega-3-Fettsäuren sind wichtige Nahrung für die Nerven, zumal sie die Übertragung der Nervensignale verbessern können. Omega-3-Fettsäuren befinden sich unter anderem in Chiasamen, Leinsamen sowie in Lachs, Makrelen, Heringen und anderen Fischen.
  • Bei Polyneuropathie und insbesondere bei der diabetischen und alkoholischen Form sollten viel Vitamin B12, aber auch Vitamin B1 aufgenommen werden. Hülsenfrüchte, manche Gemüsearten und Vollkornprodukte enthalten B-Vitamine. Milch, Eier, Fleisch und Fisch sind reichhaltig an Vitamin B12. Betroffene einer diabetischen Polyneuropathie sollten diese Lebensmittel in Form von Magerquark, Magerjoghurt, Magerfrischkäse, magerem Fleisch und mageren Wurstsorten essen. Liegt bereits ein Mangel an Vitamin B12 vor, muss dieser mit einer Nahrungsergänzung oder Spritzen ausgeglichen werden.

Folgende Lebensmittel sollten bei Polyneuropathie gemieden werden, da durch sie das Fortschreiten der Krankheit begünstigt werden kann oder die Symptome verstärkt werden:

  • Zuckerhaltige Getränke
  • Fertiggerichte
  • Weißmehlprodukte
  • Alkohol (bei der alkoholbedingten Polyneuropathie ist Alkohol ein Tabu)
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Quellen
  • https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-067l_S1_Diagnostik-Polyneuropathien_2019-10.pdf (Abruf: 22.11.2019)
  • Poeck, K. & Hacke, W.: Neurologie, Springer-Verlag, 12. Auflage, 2006
  • Masuhr, K.F. et al.: Duale Reihe Neurologie, Georg Thieme Verlag, 7. Auflage, 2013
  • Hahn, J. M.: Checkliste Innere Medizin (E-Book PDF). 7. Aufl. Stuttgart: Thieme, 2013
  • https://www.aerzteblatt.de/archiv/159788/Diabetische-Polyneuropathie-Klinisch-relevant-jedoch-vielfach-unterschaetzt (Abruf: 22.11.2019)
  • Hufschmidt, A. Lücking, C., H., Rauer, S. (2013): Neurologie compact. Stuttgart: Thieme Verlag
ICD CodesG63, G61, G62
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