Phantomschmerzen

Phantomschmerzen können nach einer Amputation auftreten. Diese Schmerzen werden in dem Körperteil empfunden, welches nicht mehr vorhanden ist. Über die Hälfte von Betroffenen, denen ein Körperteil amputiert wurde, empfinden diese rätselhaften Schmerzen.

Mögliche Ursachen

Die Gründe für Phantomschmerzen sind bis heute unklar und geben immer noch Rätsel auf. Es gibt lediglich einige Theorieren, mit denen die Ursache für den Phantomschmerz erklärt werden soll:

  • Die Intensität des Phantomschmerzes hängt vermutlich mit der Dauer und Stärke der Schmerzen zusammen, die vor dem Eingriff bestanden. Dabei haben sich die Nervenzellen die präoperativen Schmerzen gemerkt und reagieren nach der Amputation weiterhin, jedoch ohne Schmerzreize.
  • Zudem kommen als Ursachen periipherphysiologische Veränderungen in Frage. Zum Beispiel wird der Stumpf weniger durchblutet oder es besteht im Stumpf eine erhöhte Anspannung der Muskeln.
  • Phantomschmerzen können durch Schmerzen am Stumpf ausgelöst werden.

Außerdem spielt die Seele eine Rolle beim Phantomschmerz, sodass psychosomatische Ursachen in Betracht gezogen werden können. So hängt die Häufigkeit der Phantomschmerzen mit dem psychischen Zustand des Patienten zusammen.

Symptome

Oft werden Phantomschmerzen mit Stumpfschmerzen verwechselt. Phantomschmerzen sind außerhalb des Körpers spürbar, nämlich in dem Körperteil, welches amputiert wurde. Stumpfschmerzen treten am Stumpf des amputierten Körperteils auf. Beide Schmerzarten bezeichnet man als Amputationsschmerzen.

Der Phantomschmerz entwickelt sich in der Regel unmittelbar nach der Amputation. Manchmal treten die Schmerzen aber auch nach Wochen, Monaten oder sogar nach Jahren auf.

Eher selten ist der Schmerz ständig spürbar, sondern er tritt meistens in Form von Schmerzattacken auf. Die Schmerzen werden in der Regel als scharf, stechend, brennend, krampfartig oder schneidend empfunden. Oftmals sind die Schmerzen ähnlich denen vor der Amputation.

Diagnose

Für eine Diagnose muss zunächst herausgefunden werden, um welche Art von Amputationsschmerzen es sich handelt (Phantomschmerzen oder Stumpfschmerzen). Dazu wird ein ausführliches Gespräch geführt (Anamnese), wobei der Betroffene die Schmerzen so gut wie möglich beschreiben sollte: Gibt es Auslöser für die Schmerzen? Können die Schmerzen lokalisiert werden? Wie intensiv werden die Schmerzen empfunden? Welchen Charakter haben die Schmerzen? Wie lange halten die Schmerzen an? Wurden die Schmerzen bereits behandelt und falls ja, welche Maßnahmen wurden ergriffen? Hilfreich ist ein Schmerztagebuch, welches der Betroffene führt und dort Intensität, Dauer und anders dokumentiert.

In der Regel folgen eine körperliche Untersuchung und oftmals weitere Untersuchungen um abzuklären, ob es sich um Phantomschmerzen oder um Stumpfschmerzen handelt.

Der Arzt wird den Stumpf untersuchen und dabei auf Hinweise achten, die auf Verhärtungen, Durchblutungsstörungen oder Entzündungen deuten können. Ebenso können Untersuchungen wie Röntgenaufnahmen, Angiografie oder Magnetresonanztomografie durchgeführt werden.

Behandlungsmöglichkeiten

Bei der Behandlung von Phantomschmerzen ist es sehr wichtig, schnell zu handeln. Bleiben diese Schmerzen länger als sechs Monate bestehen, lassen sich diese kaum noch beeinflussen. Die Schmerztherapie sollte bereits vor der Amputation beginnen, um das Schmerzgedächtnis zu steuern.

Für die medikamentöse Behandlung für Phantomschmerzen stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung, die vom Arzt verschrieben werden können:

  • NSAR (nicht-steroidale Antirheumatika) in Verbindung mit Folsäure und Vitamin-B
  • Opiate
  • Psychopharmaka
  • Infusionen von Calcitonin
  • Bei Berührungsempfindlichkeit eine Salbe mit Capsaicin

Um die Erregungsübertragung zu unterdrücken, kann ein Lokalanästhetikum injiziert werden. Dabei werden entweder die Nerven umspritzt oder der Arzt behandelt die Schmerzpunkte der Muskeln.

Weiterhin können eine Prothesenanpassung, Krankengymnastik, Bäder, Massagen oder die Spiegeltherapie angewendet werden. Ergänzende Maßnahmen bei Phantomschmerzen sind Biofeedback, Hypnose und Akupunktur.

Im Gegensatz zum Stumpfschmerz kann bei Phantomschmerzen keine Ursache beseitigt werden. Die Behandlungsmaßnahmen werden also immer nach Einzelfall entschieden und hängen zudem von der Dauer und der Intensität der Schmerzen ab.

Wie oben bereits erwähnt hat es sich als besonders wirksam erwiesen, wenn dem Schmerzgedächtnis bereits vor der Amputation entgegengewirkt wird und die Schmerztherapie nach der Operation fortgesetzt wird.

Welche oben genannten Maßnahmen nach der Amputation zum Einsatz kommen, wird gemeinsam mit dem Arzt entschieden. Auch sollten Betroffene keine Medikamente ohne ärztliche Verordnung einnehmen.

Was bedeutet Spiegeltherapie?

Bei dieser Methode wird dem Gehirn sozusagen eine optische Täuschung vorgegaukelt: Ein Spiegel wird so platziert, dass der noch vorhandene Arm oder das noch vorhandene Bein gespiegelt wird. Der Patient erhält somit den optischen Eindruck,  dass das amputierte  Körperteil  vorhanden sei. Damit wird das Gehirn an das amputierte Glied erinnert.

Wurde ein Körperteil amputiert, fehlen Eingangssignale aus den Nerven des nun nicht mehr vorhandenen Glieds. Mittels Schmerzen ersetzt das Gehirn diese fehlenden Signale. Wird es nun an das amputierte Bein oder den amputierten Arm erinnert, hört das Gehirn auf, die Signale durch Schmerz zu ersetzen.

Je eher mit der Behandlung nach der Amputation begonnen wird, desto erfolgreicher ist die Spiegeltherapie.

Verlauf

Der Verlauf von Phantomschmerzen ist oftmals langwierig. Auch wenn die Schmerzen verschwunden sind kann es vorkommen, dass sie plötzlich wieder auftreten.

Generell ist die Aussicht auf eine erfolgreiche Therapie größer, wenn mit der Behandlung früh begonnen wird. Eine deutliche Besserung des Phantomschmerzes kann bei dreißig bis neunzig Prozent der Betroffenen verzeichnet werden.

Vorbeugung

Eine Vorbeugung gegen Phantomschmerzen ist lediglich bedingt möglich und besteht in einer Schmerztherapie, die bereits vor der Amputation beginnt.

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Quellen
  • https://www.cochrane.org/de/CD006380/medikamente-zur-behandlung-von-phantomschmerzen-bei-patienten-mit-fehlenden-gliedmassen (Abruf: 15.0.4.2019)
  • P. W. Halligan: Phantom limbs: The body in mind. In: Cogn. Neuropsychiat, 2002
  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
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